Mittwoch, 27. August 2008

20. Heimwehgedanken, Gedankengänge und Gänge


Nun saß Mehlhorn da und zog ein Gesicht wie 5. Weltkrieg auf Nitrobasis. War seine Entscheidung, das »traute Heim« zu verlassen, richtig gewesen? Könnte er nicht in diesem Moment mit frischer Unterwäsche im Speisesaal sitzen und Joghurt löffeln? Freilich, rechts neben ihm würde der dicke Ewald Thompsen hocken und sich mit seiner Sandmännchen-Zahnbürste den Lactobacillus bulgaricus gleichmäßig im Gesicht verteilen. Links von ihm säße apathisch der Grüne Klaus und würde urplötzlich nach vorn in das Kompottschüsselchen kippen, nur um für 3 Sekunden zu erwachen und darauf wieder in Regungslosigkeit zu verfallen. Ihm gegenüber befände sich der Knochenkasper, ein schrecklich dürrer Kerl, der immerfort hin und her schaukelte und dabei starr geradeaus grinste. Hinter ihm würde Schwester Trautgard entlangdragonern und nach billiger Seife riechen. Doch waren ihm diese Vorgänge vertraut. Hier hingegen, in dieser steingewordenen Ungewißheit mit aufgebrauchten Lebensmitteln zu sitzen, umgeben von Wesen, die scheinbar klüger waren als er … Mehlhorn griff sich einen glimmenden Knochen und erhob sich aus dem Schneidersitz wie ein Wurm, der sich erfolglos aufzuknoten versucht. Als er endlich stand, beschloß er, ein wenig das Terrain zu erkunden, indem er sich schlurfend an einer Wand vorwärtsbewegte. Er hatte schon viel über Labyrinthe gelesen und wußte, daß man nie die Seite eines Ganges wechseln durfte, wenn man es nicht gerade darauf anlegte, sich zu verlaufen. Plötzlich stand er in einem runden Raum. Und wenn ich rund sage, meine ich auch rund. Er sah aus wie ein gepunkteter Ball von innen. Nur, daß statt der Punkte nach allen möglichen Seiten -zig Gänge abzweigten. Grübelnd stand er lange Zeit zwischen den Löchern.

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